Deutschland galt lange als Land moderater Mieten. Doch in den vergangenen Jahren hat sich das Bild gewandelt: In sämtlichen Metropolen schießen die Preise in die Höhe, in München müssen Mieter inzwischen über 20 Euro pro Quadratmeter berappen.
Das zeigt ein Ranking des Forschungsinstituts Empirica, das die Angebotsmieten in 80 ausgewählten Städten analysiert hat. Im Fokus standen 60-80 Quadratmeter große Bestandswohnungen aus den letzten 10 Jahren.
Wo genau liegen die Ursachen für den exorbitanten Anstieg der Mietkosten?
Massenhafter Zuzug in die Städte
Ein wesentlicher Treiber der Mietpreisexplosion ist die anhaltende Landflucht. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte - allein zwischen 2009 und 2019 stieg die Einwohnerzahl der zehn größten deutschen Städte um durchschnittlich 8 Prozent.
Gleichzeitig verharrt der Wohnungsneubau in vielen Regionen auf zu niedrigem Niveau, sodass die hohe Nachfrage auf ein knappes Angebot trifft. Das treibt die Preise nach oben.
Berlin: In keiner anderen Stadt war der Bevölkerungszuwachs in den 2010ern so hoch wie in Berlin. Über 400.000 Menschen kamen hinzu - damit stieg die Einwohnerzahl um 11,7 Prozent. Entsprechend heftig fielen die Mietsteigerungen aus.
Explodierende Bau- und Grundstückskosten
Eng verknüpft mit dem Zuzug in die Städte sind die massiv gestiegenen Bau- und Grundstückskosten. Bauland ist mittlerweile zur Mangelware geworden - und dementsprechend teuer. Das trifft sowohl projektierende Wohnungsunternehmen als auch private Häuslebauer.
Laut Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft verteuerten sich die Preise für Wohnbauland zwischen 2010 und 2020 um mehr als 60 Prozent. Die gestiegenen Grundstückspreise schlagen unweigerlich auf die Mieten durch.
Zugleich explodieren die Kosten beim eigentlichen Hochbau: Materialengpässe, stark steigende Energie- und Personalkosten sowie die Anforderungen an Klimaschutz und Barrierefreiheit lassen die Baukosten weiter steigen. All das spiegelt sich in höheren Mieten wider.
München: In der bayerischen Landeshauptstadt, deutscher Spitzenreiter bei den Mietpreisen, haben sich allein die Grundstückspreise für Wohnungen zwischen 2016 und 2022 fast verdoppelt.
Index- und Staffelmietverträge
Ein Teil des exorbitanten Mietenwachstums in Großstädten ist auch auf die zunehmende Verbreitung von Index- und Staffelmietverträgen zurückzuführen.
Bei Indexmieten ist die Miethöhe an die Inflation gekoppelt, bei Staffelmieten werden bereits vorab jährliche Mieterhöhungen festgelegt - unabhängig von der Entwicklung der Lebenshaltungskosten.
Laut einer Studie von Empirica hatte 2021 bereits jede vierte Neuvermietung in Deutschland eine Indexierung. In Städten wie München und Stuttgart soll den Experten zufolge sogar fast jede zweite neue Miete indexiert sein!
Mieterverbände laufen seit langem Sturm gegen diese Art von Mietverträgen. Sie würden die ohnehin schon stark steigenden Mieten zusätzlich in die Höhe treiben.
Spekulationsblasen am Immobilienmarkt
Nicht nur die realwirtschaftlichen Faktoren treiben die Mietexplosion, sondern auch irrationale Übertreibungen am Immobilienmarkt. Ähnlich wie bei den Spekulationsblasen an den Aktienmärkten schießen die Preise für Wohnraum mittlerweile weit über ihren eigentlichen Wert hinaus.
So haben sich bundesweit die Kaufpreise für Eigentumswohnungen zwischen 2010 und 2021 mehr als verdoppelt (+114 Prozent), während die Mieten "nur" um 36 Prozent stiegen.
Solche extremen Preissteigerungen lassen sich nicht mehr durch die Marktfundamentaldaten erklären - es handelt sich um eine klassische Spekulationsblase. Platzt diese, drohen auch die Mieten in den Abwärtsstrudel zu geraten.
Frankfurt: In kaum einer anderen Stadt klaffen Kaufpreise und Mieten so weit auseinander wie in der Bankenmetropole. Eine eigentliche Überbewertung am Markt von 30 bis 40 Prozent konstatierte jüngst die Bundesbank.
Top 10 teurste Städte Deutschlands
Platz 10 - Köln: 14,50 Euro pro Quadratmeter
Mit durchschnittlich 14,50 Euro pro Quadratmeter landet die Rheinmetropole Köln auf Platz 10 der teuersten Städte. Mehr als eine Million Menschen leben in Köln - Tendenz steigend. Bis 2040 rechnen Experten mit über 1,2 Millionen Einwohnern.
"Wir haben einen extrem angespannten Mietmarkt, es gibt so gut wie kein Angebot. Im Verhältnis zum Wohnungsbestand in Köln ist das Mietangebot verschwindend gering", erklärt Makler Roland Kampmeyer die Situation.
Auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft GAG Immobilien AG erhöhte 2023 die Mieten für über 1000 Wohnungen.
Platz 9 - Hamburg: 14,68 Euro pro Quadratmeter
In Hamburg zahlen Mieter bei Neuvermietungen im Durchschnitt 14,68 Euro pro Quadratmeter - das sind fast 3 Euro mehr als noch Anfang 2016. Laut Hamburger Mietspiegel stiegen die Bestandsmieten zwischen 2021 und 2023 um 5,8 Prozent.
Kritiker bemängeln allerdings die Berechnungsmethode des Mietspiegels. Statt des robusteren Medians wurde das arithmetische Mittel berechnet, das anfälliger für Ausreißer nach oben ist.
Platz 8 - Potsdam: 14,89 Euro pro Quadratmeter
Die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam landet mit 14,89 Euro auf Platz 8 des Rankings. Die Wohnungssituation ist mehr als angespannt - die Stadt selbst spricht von praktisch keinem Leerstand. Entsprechend schwierig ist es, in Potsdam eine bezahlbare Bleibe zu finden.
Zwar entstehen derzeit viele neue Wohnungen, doch das Angebot hinkt der weiter steigenden Nachfrage hinterher.
Platz 7 - Mainz: 14,98 Euro pro Quadratmeter
Etwas teurer als Potsdam ist Mainz, die Hauptstadt von Rheinland-Pfalz. Hier mussten Mieter bei Neuvertragsmieten im 3. Quartal 2023 im Schnitt 14,98 Euro pro Quadratmeter hinblättern.
2019 waren es mit 12,33 Euro noch deutlich weniger - was Mainz damals Platz 5 im Ranking einbrachte. Die Dynamik bei den Mietpreissteigerungen ist also weiter hoch.
Platz 6 - Heidelberg: 15,84 Euro pro Quadratmeter
Die Universitätsstadt Heidelberg ist ein Neueinsteiger in den Top 10 mit durchschnittlich 15,84 Euro pro Quadratmeter bei Neuvertragsmieten. Trotz der bereits sehr hohen Preise strömen weiterhin viele Studenten in die Stadt, was die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum weiter erhöht.
Im neuen Passivhausviertel der Bahnstadt Heidelberg gilt für 54 der 206 Wohnungen eine Mietpreisbindung von 67 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Platz 5 - Stuttgart: 15,98 Euro pro Quadratmeter
Mit 15,98 Euro pro Quadratmeter erreicht Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart den 5. Platz im Ranking. Besonders gravierend ist das Missverhältnis zwischen Durchschnittseinkommen und Mietkosten: Mieter müssen in Stuttgart im Schnitt 29 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete aufbringen.
Platz 4 - Freiburg: 16,72 Euro pro Quadratmeter
Die Universitätsstadt Freiburg landet mit 16,72 Euro pro Quadratmeter auf Platz 4 der teuersten Städte Deutschlands. Wie Heidelberg profitiert Freiburg einerseits von der hohen Anziehungskraft auf Studenten und junge Akademiker, was die Nachfrage nach Wohnraum weiter antreibt.
Andererseits gibt es in Freiburg faktisch keinen Leerstand mehr - zwischen 0,1 und 0,3 Prozent der Wohnungen stehen leer. Entsprechend gering ist das Angebot an freien Wohnungen.
Platz 3 - Frankfurt: 17,38 Euro pro Quadratmeter
Als Bankenmetropole und Sitz der Europäischen Zentralbank ist Frankfurt eine der wirtschaftsstärksten Städte Deutschlands. Entsprechend hoch ist die Zahlungsbereitschaft bei Mietern - im Schnitt 17,38 Euro pro Quadratmeter zahlen sie bei Neuverträgen.
Gegenüber 2019 ergibt sich damit eine Steigerung von über 3 Euro pro Quadratmeter innerhalb von 4 Jahren.
Platz 2 - Berlin: 17,64 Euro pro Quadratmeter
Auch wenn Berlin nicht die teuerste Stadt Deutschlands ist, führt die Hauptstadt das Ranking bei den Mietpreissteigerungen der letzten Jahre deutlich an. Laut einer Analyse des Immobilienportals Immowelt verteuerten sich die Bestandsmieten zwischen 2018 und 2023 um satte 34 Prozent!
Als Preistreiber werden der Zuzug von Ukraine-Flüchtlingen sowie mögliche Nachholeffekte aufgrund des gescheiterten Mietendeckels diskutiert.
Platz 1 - München: 21,01 Euro pro Quadratmeter
Unangefochtener Spitzenreiter beim Mietpreisniveau ist weiterhin München. Im 3. Quartal 2023 mussten Mieter bei Neuvermietungen durchschnittlich 21,01 Euro pro Quadratmeter berappen. Das sind fast 4 Euro mehr als in der zweitplatzierten Hauptstadt Berlin.
Gegenüber 2019 ergibt sich für München eine Steigerung von über 3,50 Euro - pro Quadratmeter wohlgemerkt!
Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten spricht angesichts solcher Zahlen von "horrenden Mietsteigerungen" und fordert einen bundesweiten Mietenstopp.
Fazit: Wo Mieten besonders rasant steigen
Das Ranking zeigt, dass sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auf den Wohnungsmärkten vieler deutscher Großstädte immer weiter öffnet - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Mietpreise.
Insbesondere Universitätsstädte wie Heidelberg und Freiburg, aber auch wirtschaftliche Zentren wie Frankfurt und München ziehen viele Menschen an, während günstiger Wohnraum kaum noch verfügbar ist.
Die Folge sind rasante Mietpreissteigerungen von teilweise mehreren Euro pro Quadratmeter innerhalb weniger Jahre. Ohne entschlossenes politisches Gegensteuern droht bezahlbarer Wohnraum damit zum Luxusgut zu werden.